Stille Konkurrenz unter Frauen: Was sie mit unserer Psyche macht
Blog

Stille Konkurrenz unter Frauen: Was sie mit unserer Psyche macht

Here we go again – Meine soziale Angst und Ich

Eigentlich wäre ich auf einen Geburtstag eingeladen, weiß aber nicht wirklich, ob ich hingehen möchte. Nicht, weil ich das Geburtstagskind nicht mag oder mich nicht über die Einladung freue. Viel mehr habe ich Angst davor, wie mich die anderen Frauen auf der Feier empfangen. Es ist häufig das gleiche Muster: Erst wird oberflächlich gelacht, aber nach kurzer Zeit fängt es an. Es bilden sich kleine Grüppchen. Es wird abgeschätzt, bewertet und getuschelt.
Willkommen in meiner persönlichen emotionalen Hölle.

„Empowered Women empower Women“, warum das oft nicht gelebt wird und was stille Konkurrenz mit unserer Psyche macht

Wir sagen, wir wollen uns gegenseitig stärken, aber warum fühlen sich viele Frauen trotzdem wie in einem stillem Wettbewerb gefangen?
Seit dem Beginn meiner Selbstständigkeit spüre ich es fast täglich, das Gefühl, nicht mit an den Tisch gesetzt zu werden.

Natürlich fängt alles erst einmal bei mir selbst an. Also frage ich mich: Schiebe ich hier gerade einen Film, der eine Projektion vergangener Situationen ist oder passiert das wirklich?
Und wenn ich wieder in einer Spirale aus Konkurrenz festhänge, die ich mir nicht ausgesucht habe, wie halte ich das aus, ohne es persönlich zu nehmen?

Ein ehrlicher Blick auf weibliche Konkurrenz und mentale Gesundheit

Auf Social Media, in Podcasts und Empowerment-Workshops hört man es ständig:
„Empowered Women empower Women.“
Ein starker, inspirierender Satz und doch berichten viele Frauen im Alltag das Gegenteil: unterschwellige Konkurrenz, stichelnde Bemerkungen, subtile Ausgrenzung.

Warum fällt es einigen so schwer zu klatschen? Und was macht diese stille Konkurrenz mit uns – psychisch, emotional, zwischenmenschlich?

Während Männer Konkurrenz eher offen austragen, zeigt sich weibliche Konkurrenz oft verdeckt:

  • durch passiv-aggressive Bemerkungen („Ich find’s mutig, dass du das so trägst!“)
  • durch ironische Komplimente oder bewusstes Übergehen
  • durch Lästern, Andeutungen oder Gruppenausschluss

Diese Form der Mikroaggression wirkt wie ein schleichendes Gift: schwer greifbar, aber emotional belastend. Studien zeigen: Frauen wenden tendenziell eher indirekte Formen von Aggression an. Das macht sie schwieriger anzusprechen – aber nicht weniger wirkungsvoll.

Konkurrenzdenken unter Frauen – woher kommt es?

  • Sozialisation & das Prinzip der Knappheit

Viele Frauen wurden (bewusst oder unbewusst) mit der Vorstellung groß, dass es „nur wenige Plätze“ für weiblichen Erfolg gibt. Ob im Job, im Rampenlicht oder im sozialen Ansehen: Der Gedanke „Wenn sie gewinnt, verliere ich“ sitzt oft tief.
Diese verinnerlichte Knappheit fördert unbewusste Konkurrenz. Selbst unter Frauen, die sich eigentlich unterstützen wollen.

  • Vergleichskultur & der Druck zur Perfektion

Social Media wirkt wie ein Dauerfeuer „perfekter“ Frauen: erfolgreich, schön, stark und dabei scheinbar immer positiv.
Diese Vergleiche lösen besonders unter Frauen emotionalen Druck aus. Denn psychologisch neigen wir dazu, uns vor allem mit Gleichgesinnten zu messen. Das kann zu Selbstzweifeln, Neid und subtiler Abwertung anderer führen und dient so als antrainierter Schutzmechanismus.

Aber was genau macht das mit unserer Psyche?

  • Es schafft Verunsicherung & Misstrauen:

Wenn Unterstützung nur gespielt ist, entsteht ein Gefühl von Unsicherheit.
Wir fragen uns:
„Meint sie das ehrlich?“
„Bin ich ihr wirklich willkommen?“
Das kann langfristig das Selbstwertgefühl angreifen.

  • Wir fühlen uns sozial erschöpft:

Ständige Vergleiche, unterschwellige Spannungen, emotionale Schutzstrategien (all das kostet Unmengen Energie).
Die Folge: sozialer Rückzug, Stress, das Gefühl, nicht dazuzugehören.

  • Wir blockieren erfolgreiche Zusammenarbeiten:

Wo stille Konkurrenz herrscht, bleibt Potenzial auf der Strecke.
Projekte, Ideen, Netzwerke… All das funktioniert nur mit echtem Vertrauen.
Wird das untergraben, verlieren am Ende alle.

Wie können wir es schaffen dieses Muster zu brechen?

Call me delulu, aber ich will uns gewinnen sehen.
Bitte versteht mich nicht falsch, niemand muss mit mir an einem Tisch sitzen. Dennoch will ich aus tiefster Überzeugung, dass alle satt werden.

James Baldwin sagte einmal: „Love has never been a popular movement.“
Aber wohin ich gehe, geht die Liebe mit. Es geht mir überhaupt nicht darum, populär zu sein oder befriedigend hohle Phrasen zu servieren um angenommen zu werden – sondern darum, angenommen zu werden, weil ich bin wer ich bin.

Während eines Gesprächs über einen potenziellen Job, wurde mir von einer Frau folgendes Feedback gegeben:

„Neben dir ist kein Platz für jemand anderen. Du redest zu viel, bist zu laut – und ich glaube nicht, dass ich mir eine Zusammenarbeit mit dir vorstellen kann.

Das sitzt bis heute. Dabei es ist bei weitem nicht die einzige Aussage dieser Art, die mir auf meine fragile Seele gebrannt wurde.
Aber war das die Wahrheit oder ihre Wahrnehmung? Meinem labilen Selbstwert war das egal, er hat das damals alles geglaubt und genauso angenommen.
Alle meine negativen Glaubenssätze – in einem Gespräch bestätigt. (negative Glaubenssätze = Ich bin nicht willkommen, Ich bin zu viel und So wie ich bin kann man mich nicht gern haben.)
Ich sag ja, meine persönliche emotionale Hölle.

Raum zum Dazulernen gibt es überall – auch in superpersönlichen Angriffen wie diesem. Denn wenn wir beginnen, dann am besten bei uns selbst.
Heute kann ich das alles ownen: Ja, ich kann laut sein. Ja, ich bin präsent. Und ja, ich habe etwas zu sagen.

Aber nichts davon schließt aus, dass neben mir nicht auch für andere Platz ist. PERIOD!!!

Die Frage lautet also:
Bin ich einschüchternd – oder bist du eingeschüchtert?
Letzteres ist ein Problem, das andere mit sich ausmachen müssen. Sowie ich meine Anteile eben mit mir ausmachen muss.

Denn genau hier liegt für mich die Grenze: Meine Aufgabe besteht nicht darin, für dich verdaulich zu sein.
Ich muss mich nicht komplett zurücknehmen, nur damit du dich gesehen fühlst.

Wie echte Empowerment-Kultur unter uns gelingen kann:

Es braucht Mut, um aus alten Mustern auszubrechen…

1. Reflexion statt Reaktion

Bevor du über andere urteilst, frag dich:
„Was triggert mich gerade und warum?“
Oft steckt hinter Kritik an anderen das eigene Gefühl, nicht genug zu sein.

2. Offene Kommunikation

Sprich Spannungen an, bevor sie sich festsetzen.
Ehrliche Gespräche entlarven oft Missverständnisse und schaffen Nähe.

3. Lob ist kein Mangel

Wenn du eine andere Frau aufrichtig lobst, wird dein Licht nicht kleiner, ganz im Gegenteil.
Sichtbarkeit lässt sich teilen, nicht verbrauchen.

4. Mentale Grenzen setzen

Nicht jede Spitze verdient eine Reaktion.
Manchmal ist Selbstschutz auch: bewusst nicht mitspielen.

LEARNING: Empowerment beginnt bei uns selbst

Konkurrenz unter Frauen ist kein Charakterfehler – sondern ein erlerntes Muster.
Wenn wir das erkennen, können wir es verändern.

Echtes Empowerment beginnt nicht mit einem Hashtag,
sondern mit ehrlicher Selbstreflexion, gelebter Solidarität und dem Mut, alte Rollenbilder zu hinterfragen.

Stellt euch ehrlich die Frage, bin ich jemand der Frauen unterstützt oder trage ich dazu bei, dass sich Frauen kleiner fühlen als sie sind?

 

Mit ganz viel Liebe,

Janina

 

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert