Scheitern
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Liebevoll Scheitern

Amor Fati – Romantik und Scheitern

Scheitern tut weh.
Kaum gescheitert, befürchten wir, dass unser Scheitern zu laut ist, und wir fallen schnell in ein Gefühl voller Scham. Es ist peinlich zu versagen, so die Faustregel.
Die Angst, dass wir unser hart aufgebautes Standing verlieren, sobald jemand davon erfährt, dass mal etwas nicht geklappt hat, lähmt plötzlich alles.

Scheitern passt einfach nicht gut in unsere leistungsorientierte Gesellschaft.
Es passt nicht zu dem Frame, den wir uns für unser idealisiertes Bild vom perfekten Leben erschaffen haben.
Daher neigen viele von uns dazu, dieses Gefühl zu vermeiden und verfallen in stille Kriege mit sich selbst.

Es fühlt sich an, als würde man in einer Abwärtsspirale festhängen, aus der manche allein kaum mehr herauskommen.
Aber anderen davon zu erzählen und um Hilfe zu bitten, wirkt ebenso gefährlich, wie in der Spirale aus Selbstzweifel und Angst zu ertrinken.


Okay, lasst uns das Ganze mal ’ne Spur rationaler betrachten:

Scheitern bedeutet im Grunde „nur“, dass ein Ziel nicht erreicht wurde – sei es beruflich, privat, sozial oder emotional.
Es ist eine subjektive Bewertung eines Ereignisses, der wir emotionales Gewicht verleihen.

Dabei könnte Scheitern eine Einladung sein, die Dinge tiefer zu betrachten.
Die Situation fordert uns auf, unsere psychische Widerstandskraft – Resilienz – zu aktivieren oder weiterzuentwickeln.

Während resiliente Menschen Fehler als Lernchancen sehen und sich auch in stressigen Zeiten eine optimistische Grundhaltung bewahren, neigen Menschen mit weniger psychischer Widerstandskraft dazu, sich selbst stark zu hinterfragen.
Sie ziehen sich zurück, vermeiden Konfrontationen und verurteilen sich selbst.

Vor kurzem hat mich ein guter Freund daran erinnert:
„Janina, weglaufen ist KEINE Option.“
Jaaaaa, ich weiß. Der einzige Weg raus, ist durch…
Scheitern, Schmerz und Rückschläge – all das gehört dazu.
Und die schlechte Nachricht ist: Es wird nie aufhören.


Wie könnte ein optimistischer Umgang mit Scheitern aussehen?

Wir erkennen an, was ist!
Scheitern tut weh – und das darf es auch. Es ist wichtig, die eigenen Gefühle wahrzunehmen, statt sie zu verdrängen oder kleinzureden.

Wir reflektieren, aber verurteilen uns nicht!
Was ist konkret passiert?
Was lag außerhalb meiner Kontrolle?
Was kann ich beim nächsten Mal besser machen?

Wir „entkatastrophisieren“ unsere Gedanken!
Wir neigen dazu, in Extremen zu denken („Jetzt ist alles aus“, „Niemals schaffe ich das“, „Ich bin so ein Loser“ usw.).
Eine realistischere Perspektive zu entwickeln kann uns helfen, aus der bereits erwähnten gedanklichen Abwärtsspirale auszusteigen.

Wir ziehen uns nicht zurück – wir reden darüber!
Nur wer spricht, dem kann geholfen werden.
Wir suchen aktiv den Austausch mit Menschen, denen wir vertrauen.
Wir holen uns die Sicherheit, dass wir nicht alleine sind.
Das Ende der Welt wurde nicht eingeläutet – und es werden sich Lösungswege finden. Aber eins nach dem anderen.

Fassen wir zusammen: Wir kultivieren Selbstmitgefühl durch die Annahme unserer Selbst und begegnen unseren Bedürfnissen mit Achtsamkeit.
Wir lernen zu verstehen, dass Scheitern uns alle betrifft.
Es macht uns menschlich, nicht defizitär.
Wir achten besonders darauf, unseren inneren Dialog bewusst liebevoll und unterstützend zu gestalten.
Und wir lernen es, auch unsere kleinen Erfolge zu feiern – immer!


Amor Fati: Die Liebe zum eigenen Schicksal

Friedrich Nietzsche prägte den Begriff „Amor Fati“, was mit 
„Liebe dein Schicksal“ übersetzt werden kann.

Es bedeutet, das eigene Leben mit all seinen Erfahrungen – auch Leid, Rückschlägen und Scheitern – vollständig anzunehmen und zu bejahen.

Das Prinzip Amor Fati kann kraftvoll wirken, denn es macht uns frei von Reue.
Es lehrt uns, dass wir die Vergangenheit nicht reparieren müssen, sondern dass sie notwendig war für unser persönliches Wachstum.

Vielleicht war der Misserfolg kein „Fehler“, sondern ein Umweg zu einem tieferen, authentischeren Selbst.
Während Resilienz uns lehrt, nach dem Fall wieder aufzustehen, zeigt uns Amor Fati:
„Der Fall selbst war ein Teil deiner Entfaltung.“

Für Nietzsche war wahre Größe, das eigene Schicksal nicht zu beklagen oder zu bedauern, sondern es bewusst zu umarmen.
Er erkannte, dass Schmerz und Scheitern keine Irrtümer sind, sondern notwendige Teile des Lebens – und unserer eigenen Entwicklung

Kommen wir am Schluss nun endlich zur Guten Nachricht:

Scheitern ist nicht das Ende – es ist ein Teil unserer Geschichte.
Ein Teil, der schmerzhaft sein kann, aber auch Wachstum, Tiefe und neue Perspektiven ermöglicht.

Wenn wir lernen, liebevoll auf unsere Brüche zu blicken, erkennen wir ihre stille Schönheit.
Und vielleicht beginnen wir dann, unser eigenes Schicksal nicht nur zu akzeptieren, sondern es wirklich zu lieben.

Amor Fati – die Liebe zu allem, was uns formt.

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