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Weltschmerz

WELTSCHMERZ.

Ich wache morgens auf, und obwohl ich es besser weiß, häng ich schon auf Social Media. Ich habe kaum die Augen auf, habe kaum in mich hineingefühlt, und schon stehe ich mitten im Weltgeschehen. Mein Newsfeed erzählt die unterschiedlichsten Geschichten. Er springt von erbosten Präsidenten, deren neues Gemälde nicht so schön ist wie das eines anderen Präsidenten, zu weiteren Präsidenten, die sich streiten, weil der einer unter ihnen keinen Anzug trägt. Er zeigt mir gerettete Hundewelpen, die ein neues Zuhause suchen, und springt dann zu Beauty-Influencer:innen, die mir die neuesten Trends verkaufen wollen.

Und dann sind da die Posts von aus verzweifelten Ländern, in denen täglich Menschen sterben. Sie bitten und drängen darum, gehört und gerettet zu werden. Doch keiner kommt. Die wenigsten beachten ihre Schreie. Man hat ihnen viel versprochen, und die Waffen wurden für einen Augenblick niedergelegt. Jetzt sterben sie wieder. Ohne Ankündigung. Bei Anbruch der Dunkelheit oder bei Tagesanbruch. Frauen, Männer, Kinder, Beeinträchtigte, Ärzt:innen, Journalist:innen. Sie alle sterben, während Präsidenten hämisch in die Kamera grinsen und erzählen, was sie aus deren Land machen werden, sobald sie alle vertrieben oder vernichtet haben.

Ich versuche darüber zu sprechen, wie weh mir das tut und wie gerne ich helfen würde. Ich erzähle davon, wie ungerecht das alles ist. Doch die meisten unter uns vermeiden diese Themen und meiden letztendlich auch mich. Und so sitze ich hier, allein und gelähmt von meiner Angst. Nur auf ein Gefühl ist Verlass, und es verlässt mich nie … mein Weltschmerz.

Was bedeutet Weltschmerz eigentlich? 

Weltschmerz bezeichnet das melancholische Empfinden, dass die Welt nicht so ist, wie sie sein sollte. Es beschreibt das Gefühl von Ohnmacht angesichts von Ungerechtigkeit, Leid und globalen Krisen. Besonders empathische Menschen leiden häufig unter diesem Gefühl, da sie sich stark mit dem Weltgeschehen verbunden fühlen.

Der Begriff „Weltschmerz“ wurde erstmals von dem deutschen Dichter Jean Paul (1763–1825) geprägt. Ursprünglich bezeichnete er eine tiefe, romantische Melancholie, die aus der Diskrepanz zwischen der realen und einer idealisierten Welt entsteht. Heute ist Weltschmerz aktueller denn je – gerade in Zeiten sozialer, politischer und klimatischer Herausforderungen.

Und warum empfinden wir so?

Es gibt viele Ursachen für dieses Gefühl der globalen Traurigkeit:

  • Medienüberflutung: Ständig negative Nachrichten beeinflussen unsere Wahrnehmung und können das Gefühl der Hilflosigkeit verstärken.
  • Politische und soziale Unsicherheiten: Konflikte, Wahlen und gesellschaftliche Spaltungen führen zu Verunsicherung.
  • Klimawandel und Umweltzerstörung: Die Auswirkungen des Klimawandels sind allgegenwärtig, und viele Menschen empfinden eine tiefe Frustration über fehlende Veränderungen.
  • Empathie und Sensibilität: Besonders sensible Menschen nehmen das Leid anderer intensiver wahr und können sich schwerer davon abgrenzen.

Wie können wir mit diesem Gefühl umgehen?

Weltschmerz muss nicht, wie so oft bei mir, zur Verzweiflung führen. Mit achtsamer Selbstfürsorge können wir lernen, einen gesunden Umgang damit zu finden. 

1. Bewusster Nachrichtenkonsum

Anstatt sich von negativen Schlagzeilen überrollen zu lassen, hilft es, gezielt Nachrichtenzeiten festzulegen und sich auf seriöse, konstruktive Berichterstattung zu konzentrieren.

2. Aktiv werden und Positives bewirken

Hilflosigkeit verstärkt den Weltschmerz. Ehrenamtliche Arbeit, nachhaltige Lebensweise oder Spenden können das Gefühl geben, selbst einen positiven Beitrag zu leisten.

3. Austausch mit Gleichgesinnten

Das Gespräch mit anderen, die ähnliche Sorgen teilen, kann Trost spenden und neue Perspektiven eröffnen. Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung sind wertvolle Ressourcen.

4. Natur und Bewegung als Kraftquelle

Spaziergänge im Grünen oder am Wasser können helfen den Geist zu klären und neue Energie zu tanken. Die Natur erinnert uns daran, dass es auch Schönheit und Beständigkeit gibt.

5. Achtsamkeit und Meditation

Das Praktizieren von Achtsamkeit hilft, sich auf den Moment zu konzentrieren und nicht ausschließlich von negativen Gedanken bestimmen zu lassen. Dankbarkeitsübungen oder sanfte Meditationen können innere Ruhe bringen.

6. Kleine Freuden schätzen

Ob ein gutes Buch, ein Treffen mit Freunden oder kreative Hobbys – die kleinen, positiven Momente des Lebens können helfen, wieder Hoffnung zu fassen.

Selbstfürsorge als Schlüssel gegen Weltschmerz

Weltschmerz ist eine natürliche Reaktion auf die Herausforderungen unserer Zeit. Doch nur, wenn wir uns selbst nicht in diesem Gefühl verlieren, können wir langfristig etwas Positives bewirken. Ein bewusster Umgang mit Nachrichten, aktives Engagement und liebevolle Selbstfürsorge sind essenziell, um Hoffnung zu bewahren und handlungsfähig zu bleiben. Die Welt braucht Menschen, die mit Mitgefühl, aber auch mit innerer Stärke agieren – und das beginnt mit der Fürsorge für sich selbst.

Habt ihr auch schon einmal Weltschmerz gefühlt? Wie geht ihr mit diesem Gefühl um? Lasst uns drüber reden.

We never walk alone!

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